Dass Vertrauen für das Funktionieren fast aller menschlichen Interaktionen von größter Bedeutung ist, ist nichts Neues, und die COVID-19 Pandemie hat die Bedeutung des Vertrauens (von unseren Nachbarn bis hin zu unserer Regierung) noch deutlicher gemacht. Es wird seit langem theoretisiert, dass der Mangel an Vertrauen in einer bestimmten Situation auf Betrugsaversion zurückzuführen ist, d.h. es wird kein Vertrauen gezeigt, um die negative Gefühle zu vermeiden, die auftauchen, wenn man betrogen wird.
In zwei am ISS durchgeführten Studien war jedoch kein Anzeichen von Betrugsaversion zu finden. Die eine Studie führte ein sogenanntes Vertrauensspiel (Trust Game) durch, bei dem die TeilnehmerInnen von anderen betrogen werden könnten, wenn sie sich entscheiden zu vertrauen; die andere Studie führte ein „erweitertes Lotteriespiel“ durch, bei dem das Risiko nicht durch den Verrat durch andere Teilnehmende, sondern durch reinen Zufall, gegeben ist.
Obwohl beide Spiele identische Auszahlungen und identische Gewinn- oder Verlustwahrscheinlichkeiten hatten, waren die TeilnehmerInnen durchweg eher bereit, eine riskante Entscheidung zu treffen, wenn sie das Trust Game spielten, mit der Möglichkeit, betrogen zu werden. Dies spricht für das Konzept der „prinzipiellen Vertrauenswürdigkeit“ (principled trustfulness): Die negativen Emotionen, die man erlebt, wenn man sich anderen gegenüber nicht vertrauensvoll verhält, sind stärker als die Angst, betrogen zu werden; selbst bei anonymen, einmaligen Interaktionen in einem Labor.
Die Studien zeigen, dass moralisches Empfinden Menschen dahingehend beeinflusst, vertrauensvoll zu handeln, und dass „principled trustfulness“ für Vertrauensentscheidungen wichtiger sein könnte als die Abneigung gegen Betrug. Die Perfektionierung unseres Verständnisses, wie Vertrauen im Menschen funktioniert, ermöglicht die Gestaltung von Politik zu verbessern.