Die wachsende ethnische Vielfalt westlicher Gesellschaften wirft auch im Schulkontext Fragen nach Zugehörigkeit und Zusammenhalt auf. In einer kürzlich erschienenen Studie konnte ISS-Forscher Clemens Kroneberg gemeinsam mit Hanno Kruse (Universität Amsterdam) und Andreas Wimmer (Columbia University) nachweisen, auf welche Weise die Zusammensetzung der Schulklasse Zugehörigkeitsgefühle und den sozialen Zusammenhalt im Schulalltag beeinflusst.
Die Studie nutzt Umfragedaten von 6.200 14-15jährigen Jugendliche aus 423 Schulklassen in England, Deutschland, den Niederlanden und Schweden. Die Forscher betrachten, welche Auswirkungen es hat, wenn sich in Schulklassen Jugendliche unterschiedlicher ethnischer Herkunft tendenziell auch in ihrem Geschlecht unterscheiden – z.B. Mädchen türkischer Herkunft vornehmlich Jungen ohne Migrationshintergrund gegenüberstehen.
Die Ergebnisse zeigen, dass solch eine Merkmalsüberlappung nicht nur das Ausmaß interethnischer Freundschaften in den Schulklassen stark reduziert. Auch fühlen sich Jugendliche mit Migrationshintergrund, die mit einer stärkeren Merkmalsüberlappung konfrontiert sind, im Laufe der Zeit weniger als Angehörige der Nation. Die Zugehörigkeitsgefühle der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund sind dagegen unabhängig von der Merkmalsüberlappung. Dies bestätigt die Erwartungen der Forscher, da diese Jugendliche ihre nationale Zugehörigkeit zumeist als selbstverständlich ansehen und auch von ihrer Umwelt als zugehörig anerkannt werden.
Um Segregation zu verringern und Identifikation zu fördern, sollten Schulen versuchen, eine Merkmalsüberlappung bei der Zusammenstellung der Schulklassen zu vermeiden. Die Studie ist Teil des vom Europäischen Forschungsrat geförderten Projekts "Social Integration and Boundary-Making in Adolescence" und bildet die Basis für einen Policy Brief des Excellenzclusters ECONtribute.