Die ISS-Forscher:innen Daniel Seddig, Dina Maskileyson, und Eldad Davidov haben mit ihren Kollegen Peter Schmidt (Universität Gießen) und Icek Ajzen (University of Massachusetts Amherst) in der zweiten Aprilhälfte 2021 online 5044 Bürger:innen im Alter von 18 bis 74 Jahren in Deutschland befragt. Das Projekt „Die Impfbereitschaft in der COVID-19-Pandemie: Wertepräferenzen, institutionelles Vertrauen und geplantes Verhalten“ ist bis 2022 angelegt und wird durch die Fritz Thyssen Stiftung gefördert.
Ein Bericht informiert über Einstellungen, Intentionen und Bedenken der Bürger:innen bezüglich einer Impfung gegen COVID19. Die höchste Impfbereitschaft ist der Studie zu Folge in der Gruppe der über 60-jährigen zu finden (70%). Bei den 30- bis 59-jährigen sind es 58%. Bei den unter 30-jährigen zeigt nur noch eine relativ knappe Mehrheit eine hohe Bereitschaft, sich impfen zu lassen (52%).
Großen Einfluss auf die Impfbereitschaft hat erwartungsgemäß die grundsätzliche Einstellung gegenüber einer Impfung, die stark vom sozialen Umfeld der Befragten beeinflusst wird. Je stärker Personen positive Konsequenzen und einen Nutzen mit einer Impfung verknüpfen, desto stärker ist ihre Intention sich impfen zu lassen. Zudem gaben 63% an, dass sie glauben, ihre engsten Bezugspersonen fänden es „sehr gut“, wenn sie sich impfen ließen. 54% schätzten sogar, dass Personen in ihrem sozialen Umfeld „erwarten“ würden, dass sie sich impfen lassen.
Bezüglich der Diskussion um Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen für Geimpfte beleuchtet die Studie Anreize, die die Impfbereitschaft erhöhen würden. Die stärksten Impfanreize—insbesondere in der Gruppe der unter 30-Jährigen—sind „In den Urlaub fahren“, „Bar-, Cafe- und Restaurantbesuche“ sowie die Möglichkeit, Sportstätten, etwa Fitnessstudios zu besuchen. Weniger Anziehungskraft haben hingegen kulturelle Veranstaltungen (Konzerten, Theater oder Museum), der Besuch von Sportveranstaltungen, Shoppingtouren oder Club- und Diskothekenbesuche.
Die Studie untersucht auch das Vertrauen in die Impfstoffe. Hierbei vertrauen die meisten Befragten Biontech/Pfizer (73%) und Moderna (63%). Nur knapp ein Drittel (32%) vertraut Johnson und Johnson, während das Vertrauen in den Impfstoff von AstraZeneca noch deutlicher erschüttert scheint (26%). Ähnlich ist das Bild bei der Bereitschaft, sich mit einem dieser Impfstoffe impfen zu lassen.
Zudem zeigt sich ein geteiltes Bild hinsichtlich des Vertrauens in die politischen Institutionen und die Wissenschaft. Nur wenige Personen vertrauen „den Politikern“ (22%), der Europäischen Union (26%), der Bundesregierung (36%) oder den öffentlich-rechtlichen Medien (37%). Hingegen ist das Vertrauen in wissenschaftliche Institutionen—Ärzte eingeschlossen—deutlich höher. „Der Wissenschaft“ vertrauen insgesamt gut zwei Drittel (66%), Ärzten und Medizinern gar 73%. Auch das RKI (Robert Koch Institut) genießt das Vertrauen einer großen Mehrheit (61%).
Hohes Misstrauen geht mit einem verstärkten Glauben an Verschwörungsannahmen einher. Wenngleich nur sehr wenige Befragte Verschwörungsannahmen bezüglich COVID-19 zustimmten, erreichen allgemeinere Verschwörungsannahmen höhere Zustimmungswerte, so z.B. die Aussage „Ereignisse, die auf den ersten Blick nicht miteinander in Verbindung zu stehen scheinen, sind oft das Ergebnis geheimer Aktivitäten“ (31%) oder „Es gibt geheime Organisationen, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen haben“ (39%). Der Glaube an solche Verschwörungsszenarien kann auch mit einer geringeren Impfbereitschaft einhergehen.