Studien zur Lebensqualität haben ein hohes Maß an Resilienz sehr alter Menschen im Umgang mit ungünstigen Verläufen von Gesundheit, Funktionalität und Teilhabe gezeigt. Auch Personen, die im hohen Alter die drei Standard-Kriterien für “erfolgreiches Altern” (Freiheit von Krankheit, gute körperliche und geistige Funktionalität, Eingebundensein in das Leben) nicht mehr erfüllen, können danach eine hohe Lebensqualität besitzen. Darüber hinaus scheinen idiosynkratische und existenzelle Aspekte (z.B. Lebensrückschau, Sinnfindung) im hohen Alter für die Lebensqualität an Bedeutung zu gewinnen. Bislang ist unklar, ob sich daraus eine Diskrepanz ergibt zwischen den Teilhabemotiven älterer Menschen (z.B. zwischenmenschliche Begegnung) und den Teilhabeaspekten, die im gesellschaftlichen Diskurs besonders hoch geschätzt werden (z.B. produktives Engagement), nicht zuletzt mit Blick auf die Folgen für die erlebte Lebensqualität. Zuverlässige Daten über diese Aspekte von Lebensqualität fehlen insbesondere für sehr alte Menschen und Personen in Pflegeheimen.
Um diese Fragen zu beantworten, initiierte ISS-Forscher Michael Wagner gemeinsam mit Christiane Woopen (Medizinische Fakultät, ceres), Christian Rietz und Susanne Zank (Humanwissenschaftliche Fakultät) gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen die erste Repräsentativbefragung von Menschen im Alter von 80 Jahren und älter (NRW80+). In der ersten Studienwelle 2017 wurden insgesamt 1.863 Interviews zur Lebensqualität hochaltriger Menschen geführt.
Die Forscher fanden heraus, dass zwar nur wenige der Befragten alle üblichen Kriterien für erfolgreiches Altern erfüllen (80-84 Jahre: 15%, 85-89 Jahre: 8%, 90 Jahre und älter: 2%), in den meisten Fällen aber ein hohes Maß an subjektivem Wohlbefinden berichtet wurde. Trotz körperlicher Beeinträchtigungen berichten nahezu alle hochaltrigen Menschen interpersonelle und produktive Teilhabeformen. Personen, die sich stärker produktiv einbrachten, berichteten über eine größere gesellschaftliche Anerkennung, aber nicht gleichzeitig über mehr Wohlbefinden. Personen, die sich stärker in sozialen Beziehungen engagieren, berichten dagegen sowohl eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung als auch ein höheres Ausmaß subjektiv erlebter Lebensqualität. Demnach kann eine breit verstandene gelingende Lebensführung im Alter, die sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Ansprüche miteinander zu verbinden sucht, durch die Förderung von sozialer Einbettung und Begegnung unterstützt werden.