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Wussten Sie schon, dass Schwangerschaften ansteckend sind?

Juni 2020

Wenn im Familien- und Kollegenkreis ein Kind zur Welt kommt, kann das eine Kettenreaktion auslösen. Das zeigen die ISS-Forscher Zafer Büyükkeçeci und Thomas Leopold in einer kürzlich gemeinsam mit Kolleg*innen aus Den Haag und Bamberg veröffentlichten Studie. Die Autor*innen werteten Daten aus dem niederländischen System of Social Statistical Datasets (SSD) aus, in dem verschiedene Register verknüpft sind. Diese Datenquelle enthält Angaben zu Familienmitgliedern und zum Arbeitsplatz, sodass für die Untersuchung beide Bereiche miteinander verknüpft werden konnten. Die Ergebnisse zeigen: Wenn eine Kollegin Mutter wird, dann steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft. Der gleiche Effekt findet sich zwischen Geschwistern: Nach der Geburt von Nichten und Neffen steigt die Wahrscheinlichkeit, selbst ein Kind zu bekommen. Darüber hinaus konnte die Studie erstmals sogenannte Spillover-Effekte über Netzwerkgrenzen hinweg nachweisen: Wird eine Person am Arbeitsplatz mit dem Kinderwunsch angesteckt, beeinflusst sie wiederum ihre Geschwister – und diese beeinflussen wiederum ihre eigenen Kolleginnen und Kollegen. Umgekehrt bekommen Personen im gebärfähigen Alter, die kaum Geburten im Familien- und Kollegenkreis miterleben, mit geringerer Wahrscheinlichkeit Kinder. Welche Mechanismen der Ansteckung zugrunde liegen, konnte nicht detailliert untersucht werden. Kam im Familien- oder Kollegenkreis ein Kind zur Welt, so war das für Frauen jedoch ansteckender als für Männer. Die Forscher vermuten, dass ein solcher Ansteckungseffekt am Arbeitsplatz vor allem auf soziales Lernen zurückgeht: Kolleginnen nehmen sich eine Frau zum Vorbild, der es gelingt, Beruf und Familie erfolgreich zu vereinbaren. Für die Ansteckung zwischen Geschwistern dürfte auch die emotionale Nähe zu Neugeborenen Nichten und Neffen eine Rolle spielen. Wie bedeutsam die Ansteckungseffekte insgesamt sind, konnte die Studie nicht abschließend klären. Eine Simulation zeigt aber, dass ohne Ansteckungseffekte die Zahl der Geburten im Untersuchungszeitraum um etwa 5% geringer ausgefallen wäre.