Vor dem Hintergrund der Diskussion über mögliche Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern haben ISS-Forscher Karsten Hank und seine Kollegin Anja Steinbach von der Universität Duisburg-Essen Veränderungen der Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung in Paarbeziehungen vor und während der Corona-Krise untersucht. Die Ergebnisse der Studie basieren auf Vorabdaten des Beziehungs- und Familienpanels (pairfam) und dessen internetbasierter COVID-19 Zusatzstudie, die eine erste Betrachtung unmittelbarer Dynamiken der häuslichen und familiären Arbeitsteilung im Verlauf der Pandemie ermöglichen.
Obwohl sich im Aggregat keine grundlegenden Veränderungen etablierter Muster geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung zeigen, gibt es dennoch Hinweise auf gewisse Verschiebungen hin zu den Extremen (‚traditionell‘ und ‚Rollentausch‘) der Verteilung. Betrachtet man Veränderungen innerhalb von Paarbeziehungen, finden sich etwa gleich große Anteile an Paaren, in denen der relative Beitrag der Partnerin gestiegen bzw. gesunken ist. Insbesondere in zuvor egalitären Beziehungen haben Frauen stärker die überwiegende oder gesamte Verantwortung für die Hausarbeit und Kinderbetreuung übernommen. Wenn männliche Partner ihren Anteil gesteigert haben, geschah dies meist nur bis zum Schwellenwert einer gleichgewichtigen Arbeitsteilung (‚50/50‘). Veränderungen im zeitlichen Umfang der Erwerbstätigkeit führten zwar beim Mann zu Anpassungen seines relativen Beitrags zu Hausarbeit und Kinderbetreuung, aber nicht bei der Frau.
Insgesamt weisen die Befunde der Studie damit eher auf heterogene Anpassungsprozesse in Partnerschaften als auf eine in öffentlichen Diskussionen mitunter behauptete generelle Re-Traditionalisierung der Geschlechterbeziehungen während der Corona-Krise hin.