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Wussten Sie schon, dass Netzwerkkontakte der Eltern schlechte Ausbildungschancen aufgrund von regionalen Marktbedingungen kompensieren können, aber nicht die Chancen von Jugendlichen mit niedriger Schulbildung verbessern?

April 2023

Soziales Kapital („Vitamin B“) wird häufig als eine wichtige Ressource bei der Arbeitssuche angesehen. Empfehlungen durch Bekannte, Freund*innen oder Verwandte an potenzielle Arbeitgeber können die Jobchancen erhöhen. Für eine Lehrstelle im Rahmen des dualen Systems der Berufsausbildung in Deutschland müssen Jugendliche und junge Erwachsene häufig ähnliche Bewerbungsprozesse wie Jobsuchende auf dem Arbeitsmarkt durchlaufen. Erstaunlicherweise erhöht eine Empfehlung durch Netzwerkkontakte die Ausbildungschancen jedoch nicht per se. Welche Ausbildungssuchende wählen dennoch diese Bewerbungsstrategie und warum?

ISS-Forscherin Paula Protsch (auch Bundesinstitut für Berufsbildung) ist dieser Frage zusammen mit Matthias Flohr (WZB Berlin) in ihrem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt nachgegangen. Für die Studie haben die Forscher*innen auf Basis von Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) untersucht, ob Empfehlungen durch die Eltern bei der Ausbildungssuche häufiger genutzt werden, wenn die Chancen aufgrund regionaler Gegebenheiten oder geringer Schulbildung begrenzt sind und ob unter diesen Bedingungen entsprechende Empfehlungen eine erfolgreiche Ausbildungssuche wahrscheinlicher machen. Verwandte können meist nur Kontakte zu einem begrenzten Spektrum an Ausbildungsberufen herstellen, welche nicht unbedingt den individuellen Interessen entsprechen müssen. Daher wurde in einem weiteren Schritt geprüft, ob eine Empfehlung der Eltern mit einem höheren Risiko des Ausbildungsabbruchs einhergeht.

Die Ergebnisse zeigen, dass Jugendliche in Regionen mit schlechteren Arbeitsmarktbedingungen häufiger auf Empfehlungen ihrer Eltern zurückgreifen und auch vermehrt auf diesem Weg eine Lehrstelle finden. Zudem führt die Inanspruchnahme von Netzwerkkontakten nicht zu einem höheren Risiko des Ausbildungsabbruchs. Schlechtere Chancen aufgrund regionaler Marktbedingungen lassen sich also kompensieren, wenn entsprechende Netzwerke vorhanden sind. Das ist nicht der Fall für Schulabgänger*innen mit maximal Hauptschulabschluss. Auch sie nutzen zwar häufiger Empfehlungen ihrer Eltern, profitieren aber nicht stärker von dieser Bewerbungsstrategie als Schulabgänger*innen mit mittleren Schulabschlüssen.