Im Jahr 2015 kamen über 1 Million Asylbewerber nach Deutschland. Deutschland erwies sich aufgrund seines robusten Arbeitsmarktes als attraktives Ziel, aber auch wegen der einseitigen Aussetzung der EU-Regeln durch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die von den Staaten verlangen, Flüchtlinge in ihr EU-Eintrittsland zurückzuschicken (Dubliner Übereinkommen). Diese offene Tür wurde zunächst durch eine explizite Willkommenskultur („Wir schaffen das“) unterstützt. Gleichzeitig gab und gibt es Anzeichen zunehmender Fremdenfeindlichkeit, wie die Aufmärsche von PEGIDA und die Popularität und der Wahlerfolg der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD). Zudem stieg die Gewalt gegen Flüchtlinge und Muslime im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise stark an. Dabei traten diese Angriffe mit erheblicher räumlicher Häufung auf, was auf eine entscheidende Rolle von regionalen und lokalen Faktoren hindeutet.
In einer Studie untersucht der ISS-Forscher Conrad Ziller (zusammen mit Sara Goodman von der UC Irvine, USA), inwieweit kommunale Verwaltungseffizienz Gewalt gegen Zuwanderer beeinflusst. Dabei stützt sich der Zusammenhang auf das Argument, dass effiziente Verwaltungen einerseits besser die Integration von Zuwanderern (z.B. in den Wohnungs-, Ausbildungs-, und Arbeitsmarkt) bewältigen und andererseits für eine geringere politische Deprivation der Bürgerinnen und Bürger sorgen. Politische Deprivation bezieht sich hierbei auf die Wahrnehmung, selbst keinen Einfluss auf politische Entscheidungen zu haben und dass Politik und Verwaltung sich nicht hinreichend um die Belange der Bürgerinnen und Bürger kümmern—Motive die durchaus während der Flüchtlingskrise salient waren und mit Frustration, negativen Ansichten gegenüber Fremdgruppen oder sogar Gewalt einhergehen können.
Die empirische Untersuchung des Zusammenhangs nutzt Daten zu gewaltsamen Übergriffen auf Flüchtlinge in Deutschland in 2015, die für alle 402 Landkreise und kreisfreie Städte vorliegen. Kommunale Verwaltungseffizienz wurde mit einem eigens entwickelten Indikator gemessen, der das Ausgabenverhalten von Kommunen mit bestimmten Merkmalen, wie die Erreichbarkeit von Nahverkehr, Schulen und Ärzten, in Beziehung setzt. Die Ergebnisse zeigen einen robusten negativen Zusammenhang zwischen Verwaltungseffizienz und Gewalt, der auch in einer weiteren empirischen Studie mit niederländischen Daten bestätigt werden konnte. Wenn lokale Verwaltungen die Effizienz der von ihnen erbrachten öffentlichen Dienstleistungen verbessern, verbessern sie nicht nur die Qualität der Städte und Gemeinden (und damit die Zufriedenheit der Bewohner), sondern sorgen auch für bessere Beziehungen zwischen Einheimischen und Zuwanderern.