Potentielle Nutzen und Risiken mütterlicher Erwerbstätigkeit für die Entwicklung von Kindern sind Gegenstand hitziger Diskussionen in Wissenschaft und Öffentlichkeit. Einerseits kann zusätzliches Einkommen die kindliche Entwicklung fördern. Auf der anderen Seite könnten Quantität und Qualität wichtiger Eltern-Kind-Interaktionen leiden. In einer neuen Studie kommen ISS-Forscher Michael Kühhirt und Markus Klein von der University of Strathclyde zu dem Ergebnis, dass Kinder mit vergleichbarem familiärem Hintergrund kaum Unterschiede in Vokabular und kognitiven Fähigkeiten aufweisen, auch wenn sich das Erwerbsverhalten ihrer Mütter in den ersten fünf Lebensjahren sehr stark unterscheidet. Überzogene Erwartungen und Ängste bezüglich der Folgen mütterlicher Erwerbstätigkeit scheinen damit gleichermaßen unbegründet, zumindest was den Spracherwerb und grundlegende kognitive Fähigkeiten anbelangt.
Diese Befunde basieren auf 2,200 teilnehmenden Familien der Befragung “Growing Up in Scotland”, die Kinder vom 10. Lebensmonat bis zum 5. Geburtstag begleitet. Als Maß für das Vokabular im Alter von fünf Jahren mussten die Kinder verschiedene Objekte aus einem Bilderbuch korrekt benennen. Die kognitiven Fähigkeiten wurden über das Finden von konzeptionellen Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Bildern gemessen. Die Erwerbsgeschichte von Müttern und andere wichtige Informationen wurden über einen standardisierten Fragebogen erhoben, der jährlich vorgelegt wurde.
Der Beitrag der Studie liegt darin, dass ganze Verläufe mütterlicher Erwerbstätigkeit berücksichtigt wurden. Dies ist bedeutsam, da ein möglicher Einfluss mütterlicher Erwerbstätigkeit auf die kindliche Entwicklung erst über einen längeren Zeitraum hinweg zur Entfaltung kommt. Allerdings zeigt sich, dass Unterschiede in Vokabular und kognitiven Fähigkeiten wohl eher auf Unterschieden in Faktoren wie mütterlicher Bildung und Familienstruktur zurückgehen, die ihrerseits das Erwerbsverhalten beeinflussen. Während der Nutzen mütterlicher Erwerbstätigkeit für die kindliche Entwicklung begrenzt scheint, hat die Studie auch keine Hinweise auf negative Folgen geliefert, ein wichtiger Befund in Anbetracht der universellen Bestrebungen die Erwerbsbeteiligung von Müttern zu erhöhen.