Studieren im Ausland ist in Europa weit verbreitet. Die Studierenden erwarten, dass ein Auslandsstudium ihre Fremdsprachenkenntnisse und interkulturellen Kenntnisse verbessert und zur persönlichen und akademischen Weiterentwicklung beiträgt. Überraschenderweise ist der empirische Nachweis, ob und inwieweit internationale Erfahrungen damit zu besseren Jobs mit höherem Einkommen oder höherem beruflichen Status führen, nicht eindeutig.
Die ISS-Forscher*innen Marita Jacob und Michael Kühhirt haben in einer gerade veröffentlichten Studie zusammen mit Margarida Rodrigues (Universidade Autónoma de Lisboa) die Berufskarrieren von Hochschulabsolvent*innen aus 13 europäischen Ländern fünf Jahre nach dem Studienabschluss untersucht. Die Autor*innen vergleichen dabei die Jobs derjenigen, die im Ausland studiert haben, mit denjenigen, die nicht im Ausland waren. Die Ergebnisse der Untersuchung weisen auf große Länderunterschiede in den Auswirkungen eines Auslandsstudiums hin. Diese zeigten sich sowohl in Bezug auf Löhne als auch bezüglich des Erreichens einer hohen beruflichen Position: In einigen Ländern führt ein Studium im Ausland tatsächlich zu besseren Jobs, in anderen Ländern jedoch nicht und das Auslandsstudium hat dort keinerlei positive Auswirkung. Generell ist die Arbeitsmarktrendite von internationalen Erfahrungen in Ost- und Südeuropa – also in Ländern mit geringerer Qualität des Hochschulsystems, hoher Arbeitslosigkeit von Absolvent*innen und relativ wenigen Studierenden mit Auslandserfahrungen – am größten. In Ländern mit hoher Hochschulqualität und geringem Wettbewerb unter Absolventen führen internationale Erfahrungen nicht zu vorteilhafteren Jobs. Entgegen der weitläufigen Meinung verbessert somit ein Auslandsstudium die Beschäftigungschancen nur unter bestimmten Umständen.