Die Wahrnehmung des Alterns ist mit wichtigen Lebensbereichen älterer Menschen wie dem Gesundheitszustand oder dem Sozialleben verbunden. Insbesondere für Deutschland wissen wir bislang allerdings nur wenig über den Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung des eigenen Älterwerdens und Partnerschaften bzw. Partnerschaftsübergängen im (hohen) Alter. Deshalb untersuchten ISS-Forscher Stefan Mauritz und seine Ko-Autorin Luisa Bischoff in ihrer aktuellen Studie die folgenden Fragen: Wie unterscheidet sich die individuelle Wahrnehmung des Älterwerdens anhand des Partnerschaftsstatus? Und wie entwickelt sich diese Wahrnehmung mit dem Erleben von Verwitwung, Scheidung bzw. Trennung oder einer neuen Partnerschaft im Alter?
Das theoretische Konzept der „Chrononormativität“ geht davon aus, dass der Lebensverlauf durch normative Erwartungen strukturiert ist, die sich an Altersgrenzen und Lebensphasen orientieren. Demnach können Übergänge im Lebensverlauf – wie z.B. Partnerschaftsübergänge – normativ zur „richtigen“ oder zur „falschen“ Zeit stattfinden, was wiederum die Wahrnehmung des eigenen Älterwerdens beeinflussen könnte.
Um die aufgeworfenen Forschungsfragen zu beantworten, wurden Daten aus zwei großen deutschen Altersstudien verwendet: sechs Wellen des Deutschen Alterssurveys (DEAS, Zeitraum: 1996-2017, 3.848 Befragte) und zwei Wellen der NRW-Hochaltrigenstudie Lebensqualität und Wohlbefinden hochaltriger Menschen in NRW (NRW80+, Zeitraum: 2017-2020, 845 Befragte). Mit längsschnittlichen Regressionsmodellen wurden ältere Personen im Ruhestand untersucht. Dabei wurden sowohl Gruppenunterschiede in der Wahrnehmung des Älterwerdens zwischen verheirateten, verwitweten, geschiedenen/getrennten und neu-verpartnerten Personen analysiert als auch individuelle Unterschiede nach dem Erleben von Verwitwung, Scheidung/Trennung und dem Eingehen neuer Partnerschaften.
Die Ergebnisse legen nahe, dass die Wahrnehmung des Älterwerdens in Deutschland nur für einzelne Bereiche des Alterns mit dem Partnerschaftsstatus oder Partnerschaftsübergängen zusammenhängt. So fühlen sich verwitwete Personen abhängiger von der Hilfe anderer als verheiratete Personen. Nach dem Tod des Partners bzw. der Partnerin fühlen sich hochaltrige Personen hingegen freier, ihre Zeit nach ihren eigenen Wünschen zu verbringen. Schließlich zeigen ältere Personen in neuen Partnerschaften positivere Wahrnehmungen des Alterns als ältere Alleinstehende.