Zwar werden sie oft als Integrationsversager und gesellschaftliche Verlierer dargestellt, aber Migranten mit geringer beruflicher Qualifikation haben oft ein höheres Einkommen als gleich-qualifizierte Arbeitnehmer ohne Migrationshintergrund. Dies gilt insbesondere für Gruppen mit typischerweise bildungsfernen Herkunftsfamilien. So verdienen in Deutschland geborene Schulabbrecher mit türkischem Hintergrund ungefähr 2,20 Euro mehr pro Stunde als Einheimische ohne Schulabschluss. Sie verdienen mehr, weil sie Tätigkeiten ausüben, die eigentlich ein höheres Bildungsniveau verlangen, etwa als Maschinenführer, Anlagenbediener oder Baugeräteführer. Für Menschen mit italienischem und griechischem Hintergrund fallen die Ergebnisse ähnlich aus. Im Gegensatz dazu schaffen Geringqualifizierte ohne Migrationshintergrund den Schritt in anspruchsvollere Beschäftigungen nur selten.
Gemeinsam mit Jutta Höhne (WSI – Hans Böckler Stiftung) und Céline Teney (Universität Bremen) verglich ISS-Forscher Merlin Schaeffer in einer Studie anhand der Daten des Mikrozensus 2005-2011 die Einkommen von Einheimischen mit denen von Migranten, die in Deutschland die Schule besucht haben. Damit die Ergebnisse wirklich vergleichbar sind, untersuchten sie nur jenen Teil des Einkommens, der statistisch weder auf individuelle Eigenschaften wie etwa Alter, Geschlecht und Familienstand, noch auf das regionale Lohnniveau und eine Reihe weiterer arbeitsmarktrelevanter Bedingungen zurückgeführt werden kann.
Die Befunde der drei Soziologen erklären sich vor dem Hintergrund der Forschung zu Bildungserfolgen von Kindern mit Migrationshintergrund: Die Kinder von Einwanderern setzen sich trotz ihrer weniger guten schulischen Leistungen hohe Bildungsziele und sind ausgesprochen motiviert, ihren sozialen Status zu verbessern. Denn wer die Auswanderung in ein anderes Land auf sich nimmt, tut dies meist mit dem festen Vorsatz, sich ein besseres Leben aufzubauen. Die Ambitionen der eingewanderten Eltern spiegeln sich in den hochgesteckten Zielen ihrer Kinder wider. Zugleich können Einwanderer ihren Kindern jedoch häufig nicht genügend bei den Hausaufgaben und bei der Entscheidung über die Schullaufbahn zur Seite stehen, weil es ihnen selbst an Sprachkenntnissen, Bildung und materiellen Ressourcen fehlt und ihnen das deutsche Schulsystem nicht vertraut ist. Aufgrund dieser Benachteiligung können die Kinder von Einwanderern oft nicht die Bildungszertifikate erwerben, die ihren hohen Ambitionen, ihrem Fleiß und ihrem Durchhaltevermögen entsprechen würden.
Die formalen Zeugnisse von geringqualifizierten Migranten sind also weniger als bei Geringqualifizierten ohne Migrationshintergrund ein Ausdruck geringer Leistungsbereitschaft oder Zuverlässigkeit.