skip to content

Wussten Sie schon, dass es bei der Besetzung von Führungspositionen fast keine Rolle mehr spielt, aus welcher sozialen Schicht man kommt?

Januar 2016

In Deutschland hängt der Bildungserfolg erheblich von der sozio-ökonomischen Situation des Elternhauses ab. Diese Ungleichheiten setzen sich in gesellschaftlichen Schlüsselpositionen fort, zum Beispiel sind Personen mit hoher sozialer Herkunft insgesamt eher in status- und prestige¬trächtigen Berufen beschäftigt und haben häufiger eine Management- und Führungsposition inne. Gibt es derartige Ungleichheiten allerdings auch dann noch, wenn man die am höchsten gebildeten Personen betrachtet, die Absolventen von Universitäten und Fachhochschulen? Wenn Kinder aus niedrigeren Herkunftsschichten einen Hochschulabsolventen erreichen, haben sie dann die gleichen Chancen wie diejenigen aus besser gestellten Familien?

Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Marita Jacob (ISS, Universität zu Köln), Cristina Iannelli (University of Edinburgh) und Markus Klein (University of Strathclyde) hat zur Beantwortung dieser Frage die berufliche Positionierung von Hochschulabsolventen in Deutschland und Großbritannien verglichen.

Eine Analyse von Hochschulabsolventen ein und fünf Jahre nach ihrem Abschluss im Jahr 2006 ergab, dass beim Berufseinstieg in beiden Ländern Absolventen aus privilegierten Elternhäusern im Durchschnitt eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, in eine Führungsposition zu gelangen. Wenn man jedoch berücksichtigt, dass Absolventen verschiedene Fächer studierten und ihren Abschluss an unterschiedlichen Universitäten erworben haben, verringert sich der Unterschied in beiden Ländern. Das heißt, wenn man Absolventen aus verschiedenen Elternhäusern, aber mit gleichen Studienbedingungen vergleicht, sind in Deutschland keine nennenswerte Unterschiede in der beruflichen Erstplatzierung mehr vorhanden.

Dieses Ergebnis kann dahingehend interpretiert werden, dass im Falle Großbritanniens ein höherer Wettbewerb unter einer größeren Anzahl von Studierenden zusammen mit schwachen Verbindungen von Bildung und Arbeitsmarkt Spielräume für einen Einfluss der sozialen Herkunft bietet. Im Gegenzug haben in Deutschland die (vergleichsweise wenigen) Absolventen keine Vor- und Nachteile je nach Herkunft. Das heißt aber auch, dass eine Öffnung der Hochschulen in Deutschland mit einem immer höheren Anteil von Absolventen zu neuen sozialen Ungleichheiten beim Berufseinstieg führen könnte - ähnlich wie in Großbritannien.

Eine zweite Analyse der beruflichen Position fünf Jahre nach dem Studienabschluss zeigt, dass sich die sozialen Ungleichheiten in beiden Ländern verringert haben. Unter Berücksichtigung von Hochschule und Studienfach ist der verbleibende Unterschied nun auch in Großbritannien statistisch nicht mehr signifikant. Dieses Ergebnis bedeutet, dass die soziale Herkunft keine Rolle mehr spielt. Führungspositionen werden somit in beiden Ländern nicht mehr nach sozialer Herkunft, sondern ausschließlich nach ‚meritokratischen’ Kriterien, wie eigener Leistung und Erfahrungen im Beruf vergeben.