Wären Sie bereit ein verschreibungspflichtiges Medikament einzunehmen, um sich besser konzentrieren, mehr merken und länger wach bleiben zu können – obwohl Sie gesund sind? Immerhin 10 % von etwa 6.000 befragten Erwerbstätigen sind grundsätzlich bereit Pillen zu schlucken, die eigentlich für die Behandlung von Krankheitssymptomen wie Vergesslichkeit, Hyperaktivität oder Schlaf-Wach-Störungen bestimmt sind. Dies ergab eine kürzlich veröffentlichte Studie von ISS-Forscher Sebastian Sattler und seinem Bielefelder Kollegen Reinhard Schunck. Etwa drei von 100 Befragten gaben an, solche Medikamente für sogenanntes Cognitive Enhancement bereits eingenommen zu haben.
Die Studie ergab außerdem, dass Befragte, die sich als besonders gewissenhaft beschreiben, in geringerem Maße als andere bereit sind, Cognitive Enhancer einzunehmen. Gewissenhafte Menschen würden aufgrund ihrer besseren Fähigkeit, ihre Arbeit zu planen und zu organisieren, weniger Bedarf verspüren, ihre Leistungsfähigkeit mit solchen Mitteln zu verbessern. Zudem halten sich gewissenhafte Menschen auch eher an soziale Normen und Regeln. Da die Zweckentfremdung von Medikamenten mehrheitlich als unfair angesehen wird und die Beschaffung mit Gesetzesübertretungen verbunden sein kann, könnten gewissenhafte Menschen auch aus diesem Grund eher vom Gebrauch von Cognitive Enhancern absehen.
Frauen sind laut der Studie häufiger geneigt, Cognitive Enhancer einzunehmen. Der Wunsch durch Medikamenten leistungsfähiger zu sein, könnte darin begründet sein, dass Frauen durch eine strukturelle Diskriminierung härter arbeiten müssen, um beruflich erfolgreich zu sein, aber auch mehr Anforderungen durch Beruf, Familie und Haushalt ausgesetzt sind.
Cognitive Enhancer sind auch an Universitäten ein Thema, wie Sebastian Sattler und Kollegen in zwei weiteren Studien zeigen konnten: etwa 10 % der Lehrenden an deutschen Universitäten sind bereit, solche leistungssteigernden Mittel einzunehmen. Der Anteil derjenigen, der dies tatsächlich tut, ist mit weniger als 1 % % jedoch deutlich geringer als unter Studierenden, wo der entsprechende Wert bei knapp 5 % liegt. Insbesondere Leistungs- und Prüfungsangst führe zu deren Einnahme, wohingegen die Furcht vor Nebenwirkungen davon abschrecke.